Menü

Das trockene Auge

Patienteninformationen der Deutschen Ophthalmologischen  Gesellschaft


Was ist eigentlich das Trockene Auge?

Unter  einem TROCKENEN AUGE versteht man eine Benetzungsstörung der  Augenoberfläche, bestehend aus Bindehaut und durchsichtiger Hornhaut. Die Augenoberfläche, die keinen Schutz gegen Flüssigkeitsverlust und  Austrocknung besitzt, wird vom Tränenfilm stets vollständig überspült. Bei  Benetzungsstörungen reißt der Tränenfilm vorzeitig auf, so daß die oberflächlichen Zellschichten austrocknen und Schaden nehmen können. Würde der Austrocknungsprozess unbemerkt fortschreiten, so entwickelte sich über die Zeit eine zunehmende Hornhauttrübung, was zu einer Sehminderung, im  schlimmsten Fall sogar zur Erblindung führte.

Die Augenoberfläche  ist mit einem dichten Netz von schmerzempfindlichen Sensoren ausgestattet,  die bei einem ersten Aufriß des Tränenfilmes sofort Alarm geben und uns  zwingen, den kompletten Tränenfilm durch einen Lidschlag neu auszubreiten.  Dieser Reflexbogen kann jederzeit leicht überprüft werden, indem wir uns  zwingen, die Augen bewußt - ohne zu blinzeln - offen zu halten. Bereits nach wenigen Sekunden empfinden wir ein stetig steigendes Unbehagen, das schließlich in einen scharfen, oberflächlichen Schmerz übergeht, so daß wir zwanghaft die Augen schließen müssen.

Das TROCKENE AUGE  entsteht in der Regel allmählich über einen langen Zeitraum. Die Benetzung  wird unregelmäßig, der Tränenfilm reißt immer früher auf. So werden die schmerzempfindlichen Sensoren ständig gereizt. Einerseits versucht der Körper, die Störung auf verschiedenen Wegen, z.B. durch eine gesteigerte  Lidschlagfolge oder Einschießen von Tränenflüssigkeit auszugleichen.  Andererseits kann die Schmerzempfindung abstumpfen, ohne daß dabei die Störung völlig vergessen wird. Diese über lange Zeit laufende, individuell  unterschiedlich ausgeprägte Gewöhnung erklärt, daß die vom Patienten  wahrgenommenen Beschwerden sehr verschieden erscheinen können und nur in wenigen Fällen typisch in die Richtung TROCKENES AUGE weisen. Darüber  hinaus können unterschiedliche Ursachen von Störungen, die den Tränenfilm  aus dem Gleichgewicht bringen, zu unterschiedlichen Beschwerden führen, was die richtige Diagnose erschwert.

Welche Aufgaben hat der  Tränenfilm?

Der Tränenfilm muß die Schleimhaut der Augenoberfläche vor einer Austrocknung schützen. Diese Aufgabe stellt sich  allerdings als viel komplizierter heraus, als man vermutet.

Bestünden die Tränen ausschließlich aus Wasser, so verhielte sich  diese Flüssigkeit auf der Augenoberfläche wie ein Regentropfen auf einer frisch gewachsten Autohaube. Die Augenoberfläche selbst ist nämlich wasserabweisend, das heißt, es käme gar nicht zu einer Benetzung. Darüber  hinaus muß der Tränenfilm sehr dünn sein; denn durch einen dicken Flüssigkeitstropfen sehen wir verschwommen, so wie wir es vom Weinen kennen.

Schließlich muß der dünne Tränenfilm eine gewisse  Stabilität haben, so daß zwischen zwei Lidschlägen ein rasches Aufreißen  verhindert wird. Unser Tränenfilm muß sich also auch in diesem Punkt von  einem einfachen Wasserfilm unterscheiden, der sofort aufreißt und  verdunstet, wie z.B. beim Wischen mit einem nassen Fensterleder über eine  Glasscheibe.

Neben der reinen Benetzung der Augenoberfläche nehmen  die Tränen noch weitere wichtige Aufgaben beim Schutz des Auges wahr: So wird die äußere Hornhautschicht über den Tränenfilm mit Sauerstoff versorgt. Zusätzlich besitzt der Tränenfilm bakterienabtötende Eigenschaften: Keime, die über die Haut, beim Augenreiben oder einfach  über die Luft an das Auge geraten, werden sofort abgewiesen und beseitigt .  Das Auge wird so vor schweren Infektionen geschützt. Außerdem verdünnt die  Tränenflüssigkeit schädliche Stoffe, spült Fremdkörper ab und "schmiert" die Lider, so daß sie beim Lidschlag nicht auf der Hornhaut reiben.

Wie ist der Tränenfilm aufgebaut?


Die Augenoberfläche ist wasserabweisend. Darum wäre  - wie bei der gewachsten Autohaube - selbst bei genügender Flüssigkeitsmenge keine Benetzung möglich, wenn die Tränen nur aus Wasser  bestünden. Eine Austrocknung wäre die Folge. Dies verhindert der Schleim, der in speziellen Drüsenzellen gebildet wird und sich als sehr dünne Schicht an die Augenoberfläche fest anlagert. Diese Schleimschicht besitzt stark wasseranziehende Eigenschaften und ermöglicht jetzt erst die Benetzung der Augenoberfläche.
Querschnitt: Aute und  Tränenfilm

Der Hauptanteil des Tränenfilms zur Befeuchtung, Ernährung und zum Schutz der Hornhaut besteht aus Wasser mit darin enthaltenen Nähr- und Abwehrstoffen sowie Sauerstoff. Die Flüssigkeit wird von der Tränendrüse, die in der jeweils äußeren oberen Ecke der Augenhöhle liegt, sowie von kleinen zusätzlichen Drüsen, die über die Bindehaut verteilt sind, gebildet. Die Ruheproduktion beträgt pro Tag etwa 1,5 - 2 ml, kann allerdings bei Reizung (z.B. Fremdkörper oder Weinen) um mehr als das 100-fache gesteigert werden.

Auf seiner Oberfläche wird der Tränenfilm schließlich von einer dünnen Fettschicht zur Luft hin abgegrenzt, die verhindert, daß die Tränenflüssigkeit bei geöffnetem Auge  zu rasch verdunstet. Diese Fettschicht besteht aus einer komplizierten  Mischung verschiedener Fettbausteine. Sie ist bei Körpertemperatur flüssig und wird aus Drüsen, die in zahlreichen Schläuchen in Ober- und Unterlid liegen , gebildet. Diese Drüsen geben bei jedem Lidschlag ihr fettiges  Sekret über kleine Öffnungen entlang der Lidkanten direkt auf den Tränenfilm ab.



Der gesamte dreischichtige Tränenfilm wird etwa alle 5 bis 10  Sekunden durch den Lidschlag gleichmäßig über der Augenoberfläche ausgespannt, wobei etwa 16% der Tränenmenge pro Minute ausgetauscht, das heißt abtransportiert und aus den jeweiligen Quellen ersetzt werden. Bei jedem Lidschlag wird nun durch fein abgestimmte Muskelbewegungen der  Flüssigkeitsstrom von außen nach innen zum Nasenwinkel getrieben. Der Abtransport erfolgt dann über die zwei im Nasenwinkel des Ober- und  Unterlides gelegenen Tränenpünktchen, die die Flüssigkeit über ein  Gangsystem in die Nase ableiten. Von dort fließen die Tränen schließlich in den Rachen und werden verschluckt. Bewußt wird dem Patienten dieser Abflußweg, wenn er kurz nach dem Einträufeln von Augentropfen einen  fremden, unangenehmen Geschmack bemerkt. Derartige Empfindungen sollten  keinenfalls beunruhigen, vielmehr weist dies auf ein durchgängiges  ableitendes Tränensystem hin.

Wodurch entsteht ein Trockenes Auge?


Aus dem bisher Besprochenen wird leicht  verständlich, daß es nicht nur eine Ursache für ein TROCKENES AUGE gibt  und man ebensowenig nur von einer Art von TROCKENEM AUGE sprechen kann.  Jeder einzelne Bestandteil des Tränenfilms kann ebenso zum Ausgangspunkt  einer Benetzungsstörung werden wie das gesamte Verteilungs- und  Abflußsystem. Da sich die Erkrankung im typischen Fall durch ein Sandkorngefühl oder ein Gefühl der Trockenheit bemerkbar macht, hat sich der Begriff TROCKENES AUGE seit vielen Jahrzehnten weltweit für alle Benetzungsstörungen eingebürgert, obwohl dieser Begriff im engeren Sinne des Wortes nur für die Minderproduktion von Tränenwasser aus der  Tränendrüse stehen dürfte.

Die Kenntnis von den vielen  verschiedenen Ursachen für ein TROCKENES AUGE liegt im Aufgabenbereich  Ihres Augenarztes. Um ihm und damit vor allem sich selbst zu helfen,  sollten Sie sich genau Gedanken machen über die Art Ihrer Beschwerden, das  tages- und jahreszeitliche Auftreten, über Ihren Tagesablauf  (Beruf/Freizeit) und über frühere oder heute aktuelle Erkrankungen der  Augen oder auch des Körpers einschließlich der Psyche.

Hier liegt oft ein Schlüssel zur richtigen Diagnose:
So können früher aufgetretene  Hagel- oder Gerstenkörner auf eine Erkrankung der Fettdrüsen im Bereich der Lider hinweisen. Ein Kontakt mit Dämpfen oder auch Zigarettenrauch kann ebenfalls im Zusammenhang mit Benetzungsstörungen bedeutsam sein. Schließlich können verschiedene Medikamente, die Sie wegen anderer Erkrankungen einnehmen oder die Sie als Augentropfen längere Zeit  angewendet haben, ursächlich mit dem TROCKENEN AUGE in Zusammenhang  stehen. Besonders schwerwiegende Störungen verursachen bestimmte freiverkäufliche Augentropfen, die gegen das "Rote Auge" angeboten werden.  Diese "Weißmacher" schaffen aufgrund ihrer gefäßverengenden und abschwellenden Wirkung zunächst Linderung, können aber das nicht erkannte  ursächliche Leiden verstärken, da einerseits nach kurzer Zeit die Wirkung auf die Blutgefäße durch eine Gewöhnung an das Medikament nachläßt und  andererseits die Mittel Zusätze enthalten können, die eine Austrocknung der Hornhaut sogar verstärken. Der Patient nimmt dann in der Regel diese Tropfen zunehmend häufiger und über einen immer längeren Zeitraum und kann  so seine Augen ernsthaft schädigen.

Warum die Anzahl der Patienten, die unter einem TROCKENEN AUGE leiden, in den letzten Jahren  erheblich zugenommen hat, ist bislang nicht eindeutig geklärt. Mögliche  Ursachen können in der wachsenden Umweltbelastung sowie in der  Klimatisierung unserer Wohnungen, Arbeitsplätze und Autos liegen. In letzter Zeit mehren sich Berichte, daß bei gesteigerter Lesetätigkeit und  bei der Arbeit an Bildschirmgeräten das TROCKENE AUGE beobachtet wird, insbesondere dann, wenn der Arbeitsplatz nicht optimal eingerichtet ist.  Auch wenn derartige Tätigkeiten nicht als Ursache in Frage kommen, so stellen sie zumindest einen Faktor dar, der die Beschwerden des TROCKENEN  AUGES eher verstärkt als zum Beispiel die Arbeit auf dem freien Feld.
Darüber hinaus kann der breite Einsatz von Psychopharmaka, Schlafmitteln und auch der Beta-Blocker zur Behandlung des Bluthochdruckes oder auch des "Grünen Stars" zu Tränenfilmstörungen führen. Das gleiche  gilt für Antibaby-Pillen.

Ist das Trockene Auge  gefährlich?


In den allermeisten Fällen bedroht eine  Benetzungsstörung nicht akut das Sehvermögen. Neben der Oberflächenbelastung des Auges stehen die ständigen Beschwerden durch die  Reizung der Augenoberfläche (Schmerzen, Jucken, Reiben etc.), die auch zu  psychischen Belastungen führen können , oft im Vordergrund und machen eine Therapie notwendig.

Darüber hinaus muß man sich klar machen, daß eine Benetzungsstörung die Widerstandskraft des Auges schwächt, so daß bakterielle oder virusbedingte Entzündungen bis zur Geschwürbildung  entstehen können. Kommt es gar zu ständigen Austrocknungen, so können  Gefäße in die Hornhaut einsprießen, was Narben und Trübungen mit sich bringt. Akute Probleme entstehen, wenn Verziehungen der Lider oder ein unvollständiger Lidschluß zu einer unzureichenden Tränenverteilung und damit zu raschen Austrocknungen führen. Hier muß schnell, eventuell auch  operativ gehandelt werden, da sonst die Hornhaut schweren Schaden nehmen kann.

Schließlich muß der Patient sich darüber klar sein, daß das  TROCKENE AUGE eine langwierige, das heißt chronische Erkrankung ist, was unter Umständen eine ebenfalls lange, ja sogar in manchen Fällen lebenslange Behandlung notwendig macht. Um so wichtiger wird es, Diagnose  und Therapie vom Augenarzt exakt bestimmen zu lassen, um so zu vermeiden, daß eine ungezielte Therapie nicht nur nutzlos ist, sondern sogar möglicherweise zu-sätzliche Probleme schaffen kann.

Die Frage ob Fehlsichtige, die am TROCKENEN AUGE erkrankt sind, trotzdem Kontaktlinsen  tragen können, kann nur vom Augenarzt beantwortet werden. Grundsätzlich schließt ein TROCKENES AUGE das Tragen von Kontaktlinsen nicht aus.

Kann man die Diagnose: "Trockenes Auge" selbst stellen und sich dann selbst behandeln?

Vor jeder Therapie steht die Diagnose. Die richtige Diagnose stellen, bedeutet: die Ursache für die Benetzungsstörung erkennen. Dies ist oft nicht einfach und bedingt eine umfassende Kenntnis der Zusammenhänge sowie viel Erfahrung in diesem Bereich. Neben der  gründlichen Erforschung der Krankenvorgeschichte und der allgemeinen Untersuchung des Auges stehen dem Augenarzt eine Anzahl von  unterschiedlichen Tests und Proben zur Verfügung, die wichtige Hinweise zur Erkennung der Ursache und des Schweregrades der Tränenfilmstörung  liefern. Gleichzeitig kann eine Abgrenzung zu anderen, völlig unterschiedlichen Erkrankungen von Bindehaut und Hornhaut erfolgen.

Die Augenoberfläche reagiert auf ganz verschiedene Störungen in  der Regel mit einer verstärkten Füllung bzw. Erweiterung der Blutgefäße, was uns als "Rotes Auge" erscheint. Diese Reaktion mit gefäßverengenden Substanzen, den "Weißmachern" oder den Augentropfen, die schon vor einem Jahr einmal halfen, zu behandeln, kann bedeuten, daß die wirkliche  Krankheit übersehen und durch die Therapie verschleiert wird. Man riskiert damit, daß die Krankheit ungehindert fortschreitet und zu Schäden führt, die nur mühsam oder gar nicht mehr behoben werden können.

Darüber  hinaus ist deutlich geworden, daß auch dann, wenn die Diagnose TROCKENES  AUGE richtig ist, es keine einheitliche Therapie geben kann. Ihr Augenarzt wird immer versuchen, die spezielle Störung Ihres Tränenfilms zu erfassen  und zu behandeln. Ihm steht eine breite Palette von Präparaten zur  Verfügung. Sie unterscheiden sich voneinander in ihrer Flüssigkeit, ihrer  chemischen Zusammensetzung und ihrem Gehalt an Konservierungsmitteln. Finden Sie gemeinsam mit Ihrem Augenarzt heraus, welches für Sie das  geeignete Präparat ist.

Selbst anscheinend geringfügige  Augenbeschwerden sind oft ein ernstzunehmendes Signal.

Ihr  Augenarzt kann die Beschwerden deuten.

Schieben Sie Ihren Besuch  daher nicht auf, denn Ihr Sehvermögen ist Ihnen wichtig!


Herausgeber:
Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG), Im Neuenheimer Feld 400, 69120 Heidelberg
Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA), Postfach 11 01 44, 40501 Düsseldorf
 


Zurück
Share by: